Die Wurmkiste

Wie man auch in einer kleinen Großstadtwohnung kompostieren kann

Am 7. Februar fand in Eimsbüttel die erste Wurmkisten-Sprechstunde von Zero Waste Hamburg statt. Dafür haben wir den Wurmkisten-Experten Christian Pfetzing eingeladen. Eine erste Befragung der Anwesenden mit Handzeichen ergab: Fast niemand besaß eine Biotonne. Als Begründung wurden zum Teil sehr absurde Ausreden der Vermieter angeführt, die keine Biotonne anschaffen möchten. Kein Wunder also, dass so viele umweltbewusste Hamburger*innen nach einer alternativen Lösung suchen, ihren Biomüll verantwortungsvoll zu entsorgen. Denn in den Restmüll gehört er nun wirklich nicht! Deshalb stellen wir nun nochmal die interessantesten Erkenntnisse der Sprechstunde für alle Interessierten online.

Warum man Kompostieren sollte

Was hat der Biomüll eigentlich mit der Idee von Zero Waste zu tun? Nun ja, da Zero Waste momentan keine Realität, sondern eher ein Ideal ist, auf das wir durch unsere Vereinsarbeit hinarbeiten, möchten wir euch ermutigen, den Müll, der bei euch anfällt, zumindest richtig zu entsorgen. Müll ist ja nicht gleich Müll. Vieles davon ist z. B. noch recyclebar oder eben kompostierbar.

Natürliche Materialien verfallen irgendwann in ihre einzelnen Bestandteile. So ist es auch bei Lebensmitteln. Bioabfälle verrotten und können als Dünger verwendet werden. Die Nährstoffe, die Pflanzen bei ihrem Anbau der Erde entzogen haben, können so wieder der Erde hinzugefügt werden. The Circle of Life!

Wenn Biomüll in die Resttonne kommt, kann das nicht passieren. Im Restmüll herrschen nicht die richtigen Bedingungen, damit er verrotten kann. Er bleibt Müll. Wenn ihr eine Biotonne besitzt, kommt deren Inhalt in eine Anlage, die entweder Dünger oder Biogas daraus macht. Eine Biotonne ist also eine klasse Idee, solange ihr keine Plastiktüten oder andere Störstoffe reinwerft. Ja, auch Bioplastik gehört zu den Störstoffen! Es braucht zu lange, um zu verrotten, und mit bloßem Auge kann keine Mitarbeiter*in erkennen, ob die Tüte aus echtem Plastik ist oder nicht. Dadurch kann eine ganze Ladung „ruiniert“ werden.

Wenn ihr einen großen Balkon oder einen eigenen Garten habt, könnt ihr zusätzlich zur Biotonne noch einen Kompost haben und euch so mit Dünger versorgen. Wenn euer Vermieter keine Biotonne zur Verfügung stellt, ihr keinen Garten mit Platz für einen Komposthaufen habt und eigentlich auch keinen Dünger braucht, ist ein Wurmkompost trotzdem eine gute Idee! Ihr könnt so euren Biomüll verantwortungsvoll entsorgen, Dünger an eure Nachbarn, Familie und Freunde verschenken, ihr habt ca. 500 pflegeleichte Haustiere und ein faszinierendes Experiment, bei dem ihr hautnah beobachten könnt, wie und wie schnell Sachen verrotten.


Wie funktioniert eine Wurmkiste überhaupt?

Wurmkisten bestehen üblicherweise aus zwei Teilen, die miteinander verbunden sind. Der Biomüll wird immer nur in einen Teil eingefüllt. Die Würmer wandern dorthin, wo es essen gibt und verarbeiten euren Müll zu Humus. Wenn sie dort fertig sind, wird der andere Teil der Kiste mit Biomüll befüllt, die Würmer wandern rüber und man kann den zurückgelassenen Humus „ernten“. Der Boden der Wurmkiste besteht aus einer durchlässigen Membran, damit überschüssige Flüssigkeit abtropfen kann. Unter der Membran ist ein Auffangbehälter. Die Flüssigkeit wird auch „Wurmtee“ genannt und ist ein prima Flüssigdünger.

Die Würmer machen die ganze Arbeit nicht alleine. In einem Starter-Set befinden sich neben den Würmern ganz viele kleine Mikroben, die dabei helfen, die Bioabfälle zu kompostieren und Schimmelpilze und andere ungewollte Gäste im Zaum zu halten.

Nährstoffkreislauf
Nährstoffkreislauf

Biomüll am Tag 0
Biomüll am Tag 0
Biomüll am Tag 14
Biomüll am Tag 14
Biomüll am Tag 21
Biomüll am Tag 21

Mythen und Wahrheit

Stinkt so ein Kompost in der Wohnung nicht total?!

Nö, eine gesunde Wurmkiste stinkt überhaupt nicht. Sie riecht angenehm nach Erde. Die Mikroben in der Kiste halten stinkende Bakterien im Zaum. Sollte die Kiste tatsächlich stinken, ist das Anzeichen dafür, dass etwas falsch läuft und ihr Maßnahmen ergreifen müsst.

Aber der Abfall lockt doch bestimmt Ungeziefer an!?

Das kann passieren, deshalb solltet ihr euren Abfall immer gut abdecken, z. B. mit einer Hanfmatte oder Zeitungspapier. Eine Wurmkiste hat Belüftungsschlitze und im besten Fall sind die mit einem Gitternetz bedeckt, damit keine Tierchen hineinkommen. Manchmal kommen Trauermücken über Gartenabfälle in die Kiste. Wie man die wieder loswird, steht unten.

Krabbeln die Würmer denn nicht raus?

Keine Sorge, die Wurm-Apokalypse wird nicht eintreten. Die Würmer fühlen sich sehr wohl in der Kiste. Wir möchten ihnen ihre Neugier nicht absprechen, aber in eurer Wohnung werden sie sich nicht umschauen.

Das Ergebnis des Ganzen ist also frische Blumenerde?

Nicht ganz! Ihr erntet sehr nährstoffreichen Humus, der eher die Funktion von Dünger übernimmt. Ihr könnt also immer nur einen Teil des Humus zu eurer Blumenerde hinzugeben. Eine Pflanze wäre in 100% Humus nicht so glücklich. Zu viel des Guten ist eben nicht unbedingt gut.

Und da kann ich jetzt wirklich meinen ganzen Küchenmüll reinwerfen?

Ganz so einfach ist es dann leider doch nicht. Laut Christian sind Würmer Rohkostveganer. Gekochtes und Tierprodukte kommen bei ihnen also nicht so gut an. Das ist zu verderblich. Auch Zitrusfrüchte sind nicht gut! Die darin enthaltenen ätherischen Öle sind aggressiv und töten die Mikroben. Aber im Gegensatz zur Biotonne kann man problemlos Bioplastik von den Würmern kompostieren lassen. Das dauert zwar, aber in der Wurmkiste hat das Bioplastik ja genug Zeit, sich vollständig aufzulösen.





💡 Tipps & Tricks für glückliche Würmer

Der verrückteste Tipp von Christian Pfetzing ist wohl dieser: Würmer lieben Polenta! Keine Ahnung warum, aber sie lieben ihn. Wenn ihr die Würmer also an die Oberfläche oder in einen bestimmten Teil der Kiste locken wollt (z. B. wenn ihr ernten wollt), könnt ihr einfach ein bisschen Polenta dort verstreuen. Innerhalb von ein bis zwei Tagen sollen sich alle Würmer dort dann tummeln.


Die perfekte tägliche Menge an „Wurmfutter“ für 500 Würmer beträgt 200 Gramm. Wenn ihr also sehr oft frisch kocht, könnt ihr nicht jeden Tag etwas hineinwerfen. Das bedeutet aber auch, dass es kein Problem ist, wenn ihr mal ein verlängertes Wochenende weg seid, wenn ihr die Würmer vorher füttert. Bei längeren Urlaub sollte aber alle paar Tage jemand mit Gemüseresten vorbei kommen.

Um herauszufinden, ob eure Kiste zu feucht oder zu trocken ist, könnt ihr einfach mal ein bisschen von der Erde in der Hand zusammendrücken. Es sollten ein paar Tropfen rauskommen. Ist es einfach nur nasser Matsch, ist sie zu feucht. Wenn nichts herauskommt, ist sie zu trocken.


Trauermücken kann man gut mit Niemöl loswerden. Dazu sollte es in einer Sprühflasche mit Wasser verdünnt regelmäßig in die Kiste gesprüht werden. Außerdem sollte alles entfernt werden, worin die Mücken Eier gelegt haben könnten.



Wo kriege ich eine Wurmkiste her?

Wurmkisten kann man fix und fertig kaufen, oder natürlich auch selber bauen!

 

Fertige Wurmkisten in unterschiedlichen Ausführungen gibt es bspw. bei Wurmkiste.at, alternativ auch als Selbsbau-Set. (Christian Pfetzing, der mit uns sein Wurmkisten-Wissen geteilt hat, ist selbst auch Partner von Wurmkiste.at.)

 

Wer eine lokale Organisation unterstützen möchte, kann sich mal die Hamburger Wurmbank von Nutzmüll anschauen. Nutzmüll bietet Menschen, die den beruflichen Anschluss verloren haben, eine berufliche Perspektive und handwerkliche Beschäftigung in ihren Projekten.

 

Fix und fertige Wurmkisten sind nicht ganz günstig, aber es kommen ja auch gute Materialien zum Einsatz und die Handwerker sollen faire Löhne erhalten. Eine Wurmkiste kann man aber auch durchaus selber bauen! Dabei kann man die Kiste dann auch perfekt auf die eigenen Bedürfnisse anpassen. Anleitungen und YouTube-Videos gibt es zuhauf im Internet. Hier zwei Anleitungen die wir gut fanden:

Vorschaubild zum YouTube-Video "Wurmkiste selber bauen aus Holz - DIY Wurmkomposter"
Vorschaubild zum YouTube-Video "🌷 Wurmkiste selber bauen 🌻 Modell 2.0 für drinnen und draußen - Großstadtgärtnern (BQ)"


Dies ist ein redaktioneller Artikel der eine Wurmkiste als Möglichkeit zur Kompostierung in Großstädten vorstellt. Für die Verweise auf Wurmkiste.at, Nutzmüll, oder die Selbstbau-Anleitungen hat Zero Waste Hamburg keinerlei Gegenleistung erhalten.

 

Urheber der im Text verwendeten Bilder ist die Wormsystems GmbH - Wir danken für die freundliche Erlaubnis die Fotos hier zu verwenden!